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Abruptes Ende eines Abenteuers

Ein Jahr lang bereitet sich Robert Gisi auf seinen Traum vor: eine Reise mit dem Töff durch Rumänien, Moldawien und die Ukraine. Doch das Abenteuer endet mit einem Unfall. Mit gebrochenen Rippen und einer verletzten Lunge kommt er ins Spital. Drei Tage später wird der Patient im Rega-Ambulanzjet zurück in die Schweiz geflogen.

«Als ich einem überfahrenen Dachs ausweichen wollte, geschah es», erzählt Robert Gisi. Sein Motorrad gerät von der asphaltierten Strasse auf den sandigen Boden des Pannenstreifens. Der 63-jährige Solothurner fliegt über den Lenker, die Landung ist schmerzhaft. Robert Gisi bricht sich neun von zwölf Rippen auf der rechten Seite. Glücklicherweise beobachtet ein Einheimischer den Unfall. Er stoppt seinen Wagen, alarmiert die rumänische Ambulanz und wartet, bis diese am Unfallort eintrifft. Mit Blaulicht wird Robert Gisi ins Spital gefahren. Er muss lange Stunden in der Notfallstation auf einer Pritsche liegend auf seine Untersuchung warten. Dann röntgen ihn die Ärzte und versorgen den Verunfallten mit Schmerzmitteln sowie Antibiotika. Anschliessend kommt Robert Gisi in ein Zimmer mit fünf anderen Patienten.

Abklärungen durch Rega-Beratungsarzt

Aus dem Spital ruft Robert Gisi seine Freundin in der Schweiz an. Diese alarmiert umgehend die Rega. Die Einsatzleiterin nimmt den Anruf in der Einsatzzentrale in Zürich entgegen und fragt nach dem Namen des Patienten, der Diagnose sowie den Angaben zum Spital. Kurz darauf meldet sich ein Rega-Beratungsarzt bei Robert Gisi und bespricht mit seinem behandelnden Arzt im rumänischen Spital den Gesundheitszustand und die weiteren Massnahmen. Das Ziel dieser Abklärung aus der Ferne: ein möglichst genaues Bild über den Zustand des Patienten und die Versorgungssituation vor Ort zu erhalten. Aufgrund der vorliegenden Informationen entscheidet der Rega-Beratungsarzt, dass Gisi am nächsten Tag mit dem Ambulanzjet nach Zürich geflogen werden soll. Umgehend organisiert die Einsatzleitung alles Notwendige: Sie erstellt den Zeitplan, bietet die Crew auf, organisiert die Ambulanz vor Ort für die Fahrt zum Flughafen, informiert Spital und Angehörige und den Rega-Dispatcher. Dieser berechnet zum Beispiel die Flugroute, prüft Wetter und Wind, holt Bewilligungen ein und bereitet alle Unterlagen für den Flug vor. Per Telefon informiert die Einsatzleiterin Gisi über seine bevorstehende Repatriierung.

Lange Anfahrt mit Ambulanz

Nach dem knapp zweistündigen Flug landet die Crew des Rega-Ambulanzjets am Folgetag in Craiova. Es ist der nächstgelegene Flughafen, und trotzdem dauert die Fahrt von dort ins Spital weitere zwei Stunden. Die Ambulanz bringt die medizinische Crew, also die Intensivpflegefachfrau Carola Schmid und die Flugärztin Nadine Nieuwkamp, ins Spital. Die rasante Fahrt führt vorbei an kleinen Dörfern, riesigen Sonnenblumen- und Maisfeldern, Streusiedlungen mit farbigen Häusern, Pferden und streunenden Hunden. Als die Crew im Spital eintrifft, ist die Freude bei Robert Gisi gross. «Schön sind Sie da, ich bin ja so froh, Sie zu sehen», begrüsst er die Ärztin Nadine Nieuwkamp.

Medizinisch gut versorgt

Im Korridor des Spitals trifft die Crew der Rega auf den behandelnden rumänischen Arzt. Er erklärt der Rega-Flugärztin, welche Medikamente Robert Gisi am Morgen verabreicht wurden und was sein Team in den letzten drei Tagen alles getan hat, um dem Patienten zu helfen. Wegen der gebrochenen Rippen wurde die innere Brustwand verletzt. Deshalb gelangte Luft und Blut in den Spalt zwischen Lunge und Brustwand. «Das kann zu einem teilweisen oder kompletten Kollaps der Lunge führen. In der Fachsprache nennt man das Pneumothorax», erklärt Nadine Nieuwkamp. Damit das Blut aus dem Zwischenraum abfliessen und sich die Lunge wieder ausdehnen kann, haben die rumänischen Ärzte Robert Gisi eine sogenannte Thorax-Drainage gelegt. Dadurch kann sich die Lunge wieder entfalten, und der Patient kann wieder atmen. «Die vorhandene Drainage war tadellos, und wir mussten keine neue legen», sagt Nieuwkamp. «Nach einer kurzen Untersuchung konnten wir Herrn Gisi mit Schmerzmitteln versorgen, in die Ambulanz einladen und zum Flughafen bringen.» Auf der Rückfahrt bedankt sich Robert Gisi mehrfach bei der medizinischen Crew: «Als die Rega angerufen hat, wusste ich: Alles wird gut. Ich bin sehr dankbar, dass ich mit euch nach Hause fliegen kann.»

Professionelle Betreuung im Ambulanzjet

Auf dem Flug zurück in die Heimat kümmern sich die Intensivpflegefachfrau Carola Schmid und die Ärztin Nadine Nieuwkamp um den Patienten. «Eine enge Überwachung der Vitalfunktionen ist zentral, um möglichst rasch reagieren zu können. Während der gesamten Rückreise überprüfen wir die Sauerstoffsättigung im Blut, den Blutdruck, die Herzfrequenz und die Funktion der Thorax-Drainage.

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«Wir überwachen die Vitalfunktionen des Patienten während der gesamten Repatriierung, damit wir im Notfall schnell reagieren können.»

Nadine Nieuwkamp

Flugärztin

Zudem verabreichen wir Medikamente, um die starken Schmerzen zu lindern», erklärt die Rega-Flugärztin. Nach dem Start schläft Robert Gisi für kurze Zeit ein. Als er erwacht, darf er eine kleine Mahlzeit zu sich nehmen und beginnt zu erzählen. «Die rumänischen Mediziner haben alles getan, um mir zu helfen. Aber der Standard ist nicht vergleichbar mit demjenigen in der Schweiz.»

Andere Länder, andere Sitten

Nicht nur die medizinische Ausstattung sei unterschiedlich, auch die Pflege werde anders gehandhabt. «Die Aufgabe der Pflegefachpersonen beschränkt sich hauptsächlich auf das Verabreichen von Medikamenten», erzählt Robert Gisi. «Wenn einer von uns aufstehen musste, halfen ihm die anderen Patienten. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, so gut das eben möglich war.» Auch Mahlzeiten gibt es nicht. Um das Essen muss sich jeder Patient selbst kümmern. Eine echte Herausforderung, wenn man die Landessprache nicht beherrscht und niemanden kennt. Doch Robert Gisi hatte auch im Spital Glück: Das Essen brachte ihm jener Rumäne, der den Unfall beobachtet und die Ambulanz alarmiert hatte. «Cornel hat mich täglich besucht und half mir, wo er konnte», erzählt Robert Gisi. Auch sein Motorrad darf Gisi bei seinem Helfer einstellen, bis es mithilfe der Versicherung in die Schweiz transportiert wird. «Diese unglaubliche Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Menschen und der Patienten im Spital hat mich sehr berührt. Das werde ich nie vergessen», sagt Robert Gisi. «Deshalb werde ich die Reise auch irgendwann nachholen. Dann aber bestimmt nicht mehr alleine.»

Karin Zahner

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