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Auf der Intensivstation im Ausland aufgewacht

Eine Mauer am Strassenrand beendet die Töfftour von Frank Lüem in Süditalien abrupt. Er verletzt sich schwer und kommt in der Provinz Salerno auf die Intensivstation. Lesen Sie seine Geschichte, erzählt aus drei verschiedenen Blickwinkeln.

«Als Erstes bemerkte ich die Schläuche um mich herum.»
Frank Lüem

«Schon seit vielen Jahren sind wir immer wieder in einer grösseren Gruppe mit unseren Motorrädern unterwegs. Dieses Jahr waren wir zu zehnt auf einer Tour im südlichen Italien. Am Tag des Unfalls waren wir kurz nach dem Mittag nicht mehr weit von unserem Hotel entfernt. Zuvor hatte es leicht geregnet, nun war die Strasse am Trocknen. An den Unfall kann ich mich nicht mehr erinnern. Da gibt es nur Bilder von der Unfallstelle und Spekulationen. Die Spuren an Helm und Kombi zeigen, dass ich offensichtlich über den Asphalt gerutscht bin, bis ich auf der anderen Strassenseite mit der rechten oberen Körperhälfte auf die Kante einer Steinmauer geprallt bin. 

Aufgewacht bin ich auf der fensterlosen Intensivstation im Spital. Als Erstes bemerkte ich die Schläuche um mich herum. Das medizinische Personal hatte mir zum Beispiel einen zentralen Venenkatheter gelegt, damit ich mit den nötigen Medikamenten versorgt werden konnte. Glücklicherweise hatten mich drei Töfffahrer-Kollegen, darunter einer meiner besten Freunde, mit dem Ambulanzfahrzeug begleitet, welches mich ins Spital gefahren hatte. Obschon das eigentlich nicht gestattet war, durfte er zu mir auf die Intensivstation. Die Besuchszeiten waren sehr kurz, und mein Alltag im Spital beschränkte sich auf Warten, Liegen und Schlafen.Auch die Verständigung war ein Problem: Viele Gespräche mit den Ärzten fanden mit einer Übersetzungsapp auf einem Handy statt.

Sobald ich mein eigenes Handy zurückerhalten hatte, konnte ich mit meiner Frau in der Schweiz telefonieren und dies, obwohl auch das eigentlich verboten gewesen wäre. Auch hier hat man wohl ein Auge zugedrückt. Sie war bereits von meinem Kollegen informiert worden, und ich wusste auch, dass sie schon die Rega informiert hatte. Ich war ab diesem Zeitpunkt immer gut über die Fortschritte bei der Planung meiner Repatriierung informiert. Es war eine riesige Erleichterung, als die Rega-Crew schliesslich vor meinem Spitalbett stand. Ich fühlte mich sehr gut aufgehoben; den Transport empfand ich als sehr angenehm, und ich war beinahe schmerzfrei. 

Wenn man eine Reise macht, rechnet man immer mit einer positiven Erfahrung. Ein solch einschneidendes Erlebnis plant man im Voraus nicht ein. Ich bin enorm dankbar und froh, dass der ganze Einsatz so professionell und reibungslos verlief.»

«Franks Diagnose sprach deutlich für eine Repatriierung mit dem Rega- Ambulanzjet.»
Philippe Lasser, Rega-Flugarzt

«Wir wurden am Vorabend der Repatriierung von der Jet-Einsatzzentrale für den Einsatz aufgeboten. Ich setzte mich anschliessend gleich am Computer mit dem Patientendossier von Frank auseinander. Franks Diagnose sprach deutlich für eine Repatriierung mit dem Ambulanzjet. Voraussetzung dafür ist eine medizinische Notwendigkeit, also zum Beispiel eine sehr schwere Krankheit oder Verletzung oder auch eine Unterversorgung im ausländischen Spital. 

Die Verletzungen von Frank waren schwerwiegend. Nebst einem Schädel-Hirn-Trauma war vor allem seine obere Körperhälfte schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Acht Rippen waren gebrochen, teils mehrfach, ebenso das Schlüsselbein, das Schulterblatt sowie der Dornfortsatz eines Wirbelknochens. Franks kollabierte Lunge war ausserdem von einem Knochensplitter verletzt worden.

Ein Hauptaugenmerk unserer Arbeit ist es, mögliche Probleme vorherzusehen, damit sie erst gar nicht entstehen. Bei den Vorbereitungen für den Flug war wichtig, alles medizinische Material, das unserem Patienten einen schonenden und schmerzfreien Flug zurück in die Heimat ermöglichen würde, dabeizuhaben. In diesem Fall gehörten geeignete Schmerzmittel dazu. Nicht immer sind die Patienten in der Verfassung für einen Flug. Instabile Verletzungen oder Krankheitsbilder, Lufteinschlüsse im Körper oder auch frisch operierte Wunden können einen Repatriierungsflug verhindern. 

In Süditalien angekommen, war unsere erste Herausforderung, den Patienten im Spital ausfindig zu machen. In der Tat ist es nicht immer einfach, sich in einem fremden Spital im Ausland sofort zurechtzufinden. Auch solche Herausforderungen machen meine Arbeit als Flugarzt bei der Rega spannend. Meinen Arbeitsalltag bereichert es, wenn ich mich im Ausland mit anderen Sprachen, Strukturen oder gar Kulturen beschäftigen darf. Die Informationen oder Hinweise unserer Kolleginnen und Kollegen in der Einsatzzentrale, die uns auch während des Einsatzes unterstützen, helfen in solchen Fällen sehr.

Wir trafen Frank in einer den Umständen entsprechend guten Verfassung an. Die Infrastruktur ist nicht mit jener in der Schweiz vergleichbar, doch die Fachkräfte vor Ort hatten sich gut um ihn gekümmert. Unser Augenmerk lag darauf, seinen Transport in die Schweiz schmerzfrei zu gestalten. Kurz vor unserer Ankunft im Spital wurde er nochmals geröntgt – dabei hatte er sehr starke Schmerzen, weil er kaum Schmerzmittel erhalten hatte. Glücklicherweise bekamen wir diese rasch in den Griff, sodass er in den nächsten Stunden – bis zur Landung in Zürich – fast schmerzfrei war.»

«Die Einsatzleiterin konnte mich beruhigen und gab mir Sicherheit.»
Katrin Lüem, Ehefrau

«Den ersten Telefonanruf erhielt ich von Franks Freund, noch von der Unfallstelle. Mir war sofort klar, dass es ernst war. Hunderte Kilometer weit weg zu sein, verunsicherte mich, und ich machte mir grosse Sorgen. Nur wenig später nahm ich das Telefon in die Hand und rief die Rega an. Dass mich die Einsatzleiterin mit viel Bedacht über die nächsten Schritte informierte und auch sofort ein Falldossier eröffnete, gab mir sehr viel Sicherheit. Ich stand dann während mehrerer Tage immer wieder mit der Rega in Kontakt. Eine Beratungsärztin der Rega erklärte mir, dass Frank aufgrund seiner Verletzungen nicht umgehend zurückgeflogen werden könne, weil das für ihn noch zu gefährlich gewesen wäre, und dass er deshalb noch etwas bleiben müsse. Dass ich von den Beratungsärztinnen und -ärzten immer auf dem Laufenden gehalten wurde und sie mir die Diagnosen verständlich erklärten, war für mich wichtig und von unschätzbarem Wert.»

So geht es Frank Lüem heute

Vier Tage nach seinem schweren Unfall flog die Rega-Crew Frank Lüem zurück in die Schweiz. Er wurde in einem Kantonsspital operiert und verbrachte anschliessend mehrere Wochen in Spitalpflege, in der stationären Reha und in physiotherapeutischer Behandlung. Heute ist er genesen und kann seiner Arbeit als technischer Monteur wieder nachgehen.

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